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Digital Calibration Certificate (DCC) – Was ist das und warum ist es wichtig?

Geschrieben von Heikki Laurila | 22.01.2025

 

Die Digitalisierung in der Messtechnik schreitet langsamer voran als in vielen anderen Bereichen, und Kalibrierprozesse basieren in zahlreichen Industrien noch immer größtenteils auf Papier.

Aber das ändert sich jetzt!

Hier kommt das Digital Calibration Certificate (DCC) ins Spiel – das „MP3 der Messtechnik“. So wie das MP3-Format die Musikindustrie revolutionierte, hat das DCC das Potenzial, die Prozessindustrie zu transformieren. Es ermöglicht die elektronische Speicherung und den Austausch von Kalibrierergebnissen in einer standardisierten, konsistenten, authentifizierten und verschlüsselten Form.

Nie wieder mühsames Interpretieren von Papierzertifikaten! Mit dem DCC sind Kalibrierdaten maschinenlesbar und können einfach in Ihr System importiert werden. Das DCC wird mit digitalen Signaturen und Verschlüsselungsmethoden erstellt, um Authentizität und Integrität zu gewährleisten. Es ist zudem mit internationalen Standards kompatibel und ermöglicht eine einfache Weitergabe an Kalibrierlabore, Hersteller und Nutzer von Messgeräten.

Das ist aber noch nicht alles! Das DCC bietet zahlreiche Vorteile wie mehr Transparenz, Effizienz und Rückverfolgbarkeit im Kalibrierprozess sowie reduzierte Kosten und Zeitaufwand. Und das Beste: Eine Gruppe von Schlüsselakteuren, darunter Beamex, arbeitet an der Entwicklung eines globalen DCC-Standards. Dadurch müssen Sie sich keine Sorgen über Kompatibilitätsprobleme machen.

Denken Sie, ein PDF sei ein digitales Kalibrierzertifikat? Dann denken Sie noch einmal nach!

Wenn Sie in der Prozessindustrie tätig sind, bleiben Sie ruhig und bereiten Sie sich darauf vor, das DCC zu nutzen – es könnte der Game-Changer sein, auf den Sie gewartet haben!

 

 

Inhalte

 

Hintergrund

Die Messtechnik ist ein zentraler Bestandteil moderner industrieller Tätigkeiten, da sie die Messung und Sicherstellung der Genauigkeit physikalischer Größen umfasst.

Die Digitalisierung der Messtechnik schreitet jedoch langsamer voran als in anderen Branchen. Kalibrierprozesse sind nach wie vor größtenteils papierbasiert. Das bedeutet, dass Prozesse, die auf metrologischen Daten basieren, häufig manuell von Menschen ausgeführt werden. Im Vergleich zur Kommunikation zwischen Maschinen ist dies langsamer und fehleranfälliger.

Die wachsende Kluft zwischen der Digitalisierung der Prozessindustrie und der Kalibrierbranche führt zu erheblichen Unterschieden in Effizienz, Produktivität und Qualität. Während die Prozessindustrie fortschrittliche Technologien wie Automatisierung, künstliche Intelligenz und Datenanalysen einsetzt, um ihre Abläufe zu optimieren und höhere Produktivitäts- sowie Qualitätsniveaus zu erreichen, hinkt die Kalibrierbranche in Sachen Digitalisierung hinterher.

Um dieses Problem anzugehen, wird das Digital Calibration Certificate (DCC) entwickelt. Es ermöglicht die elektronische Speicherung und den sicheren Austausch von Kalibrierergebnissen in authentifizierter und verschlüsselter Form.

Das DCC ermöglicht sogar die Kommunikation von Maschine zu Maschine, sodass Kalibrierergebnisse direkt vom Kalibriergerät in die relevanten Systeme übertragen werden können – ohne manuelle Eingriffe.

Das mag futuristisch klingen, aber selbst das aktuelle papierlose Beamex Kalibrier-Ecosystem funktioniert bereits so: Ein dokumentierender Kalibrator (z. B. ein Beamex MC6) speichert die Kalibrierergebnisse automatisch digital in seinem Speicher. Diese digitale Datei wird dann vom Kalibratorspeicher in eine Kalibriermanagementsoftware (wie Beamex LOGiCAL oder CMX) übertragen, wo sie gespeichert und analysiert wird. Diese Kalibrierdatendatei liegt jedoch noch im proprietären Beamex Format vor.

Das DCC erleichtert zudem den Austausch von Kalibrierdaten zwischen verschiedenen Interessengruppen, z. B. externen Kalibrierdienstleistern (Kalibrierlabore, Produzenten von Kalibrierdaten) und industriellen Endkunden (Nutzer von Kalibrierdaten). Diese Digitalisierung und Automatisierung reduziert Fehler, verbessert die Effizienz und ermöglicht nahezu eine Echtzeit-Datenintegration für bessere Entscheidungen.

Das Ergebnis wären eine konsistentere Interpretation der Ergebnisse und eine verbesserte Rückverfolgbarkeit. Darüber hinaus könnten umfassende Datenanalysen in der Prozessindustrie sowie digitale Zwillinge geschaffen werden, um Prozesse zu testen und zu optimieren. Letztendlich könnten so Effizienz gesteigert, Sicherheit verbessert, Kosten gesenkt und neue Geschäftsmodelle ermöglicht werden.

Beamex hat von Anfang an aktiv an der Entwicklung eines weltweit anerkannten Digital Calibration Certificate (DCC)-Formats mitgearbeitet – in Zusammenarbeit mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), dem nationalen Metrologieinstitut Deutschlands. Unsere Expertise war entscheidend für die Gestaltung des DCC-Standards, um die spezifischen Anforderungen der Prozessindustrie zu erfüllen. Wir bereiten uns darauf vor, das DCC in unsere Produkte zu integrieren, um sicherzustellen, dass diese zukunftssicher sind.

Dieses bedeutende Vertrauen von Schlüsselakteuren, darunter die PTB, zu erhalten, ist eine große Ehre. Mit unserer umfangreichen Erfahrung in der Bereitstellung digitaler Kalibrierlösungen haben wir uns als führender Akteur in diesem Bereich etabliert. Wir sind stolz darauf, die Entwicklung des DCC voranzutreiben, und bleiben engagiert, das DCC anwendbar und vorteilhaft für die Prozessindustrie zu gestalten. Die Anerkennung und das Vertrauen der anderen beteiligten Akteure im DCC-Projekt verstärken unser Engagement für diese wichtige Initiative zusätzlich.

 

Prozesse mit Papierzertifikaten

Wenn ein Unternehmen seinen Kalibrator oder ein Referenzstandard an ein akkreditiertes Kalibrierlabor sendet, erhält es die Ausrüstung in der Regel mit einem Papierkalibrierzertifikat zurück. Dieses Zertifikat wird dann entweder an einem Ort abgelegt oder eingescannt und als Datei gespeichert.

Möchte das Unternehmen Analysen auf Grundlage des Zertifikats durchführen oder eine Historienanalyse mehrerer Zertifikate erstellen, müssen die einzelnen Kalibrierpunkte manuell in eine Software eingegeben werden. Der Grund dafür ist, dass Papierzertifikate weder standardisiert noch maschinenlesbar sind.

In naher Zukunft werden Digitale Kalibrierzertifikate (DCCs) als standardisierte, maschinenlesbare, authentifizierte und verschlüsselte Dateien bereitgestellt, die direkt in die Systeme eines Unternehmens importiert werden können.

 

Digital Calibration Certificate (DCC)

Das DCC ist im Grunde darauf ausgelegt, ein weltweit standardisiertes Format für Kalibrierdaten zu werden, das in Form eines XML-Schemas (Extensible Markup Language) definiert ist.

Wenn ein Kalibrierlabor eine Kalibrierung durchführt, erstellt es eine DCC-Datei und fügt alle kalibrierrelevanten Daten in diese Datei ein. Diese Datei wird anschließend an den Kunden übergeben. Dank des standardisierten Formats der DCC-Datei kann der Kunde sie automatisch in sein eigenes System importieren.

Das DCC enthält alle relevanten Kalibrierdaten, einschließlich des Kalibrierdatums, der verwendeten Kalibriermethode, der Messunsicherheit und der Kalibrierergebnisse.

Das DCC wird mit digitalen Signaturen und Verschlüsselungsmethoden erstellt, um seine Authentizität und Integrität sicherzustellen. Es kann online gespeichert und weitergegeben werden, was es für Kalibrierlabore, Hersteller und Nutzer von Messgeräten leicht zugänglich macht.

Die Hauptvorteile des DCC umfassen eine erhöhte Transparenz, Effizienz und Rückverfolgbarkeit im Kalibrierprozess sowie reduzierte Kosten und Zeitaufwand.

Das DCC ist außerdem mit internationalen Standards kompatibel und kann sowohl für nationale als auch internationale Kalibrieranforderungen verwendet werden.

 

Die XML-Struktur des DCC:

Bildrechte liegen bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Alle Rechte vorbehalten.

 

 

Die Hauptvorteile des Digital Calibration Certificate (DCC)

 

Hier ist nur eine kurze Zusammenfassung der Vorteile des DCC. Weitere Vorteile und wie das DCC sich postiv auf Ihre Prozesse auswiken kann, können wir gerne in einem gemeinsamen Austausch diskutieren.

  • Einfachere Datenanalyse: Das DCC erleichtert die Analyse von Kalibrierdaten und die Erstellung digitaler Zwillinge, die dazu beitragen, Effizienz und Sicherheit in der Prozessindustrie zu verbessern.
  • Unterstützung der digitalen Transformation: Das DCC ermöglicht es Dienstleistern und Kalibrierlaboren, sich problemlos an ein digitalisiertes Kalibriersystem mit zentraler Verwaltung anzubinden.
  • Standardisierte Dateneingabe: Dank eines standardisierten Ansatzes wird der Vergleich und die Harmonisierung von Daten aus verschiedenen Quellen deutlich einfacher.
  • Einfache Verwaltung: Kalibrierdaten und Messgeräte können leicht verwaltet und durchsucht werden – selbst bei groß angelegten Operationen.
  • Präventive Wartung: Das DCC sendet Warnungen, wenn Geräte überprüft werden müssen, anstatt auf starre Wartungsintervalle zu setzen. Dies ermöglicht risikobasierte Ansätze für Wartung und Kalibrierung.
  • Erhöhte Rückverfolgbarkeit: Ineffiziente papierbasierte Prozesse werden durch einfache digitale Suchfunktionen ersetzt.
  • Flexibilität: Kunden können ihre bevorzugten Kalibrierprozesse weiterhin nutzen und dennoch leicht teilbare und durchsuchbare digitale Zertifikate erstellen.
  • Sicherheit: Kryptografischer Schutz stellt die Authentizität und Integrität der Daten sicher.

Eine weitere Quelle, die die Vorteile des DCC diskutiert, ist „Benefits of network effects and interoperability for the digital calibration certificate management" von der 2021 IEEE International Workshop on Metrology for Industry 4.0 & IoT.

 

Ein aufstrebender globaler Standard

Derzeit laufen zahlreiche Bemühungen, um einen globalen DCC-Standard zu schaffen. Ein Team aus Schlüsselakteuren, darunter Beamex, arbeitet gemeinsam daran, Anforderungen zu definieren, Richtlinien und Software zu erstellen sowie Bewusstsein und Schulungen zu fördern.

Dieses DCC erfüllt die Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17025:2018-03. Das Projekt Gemimeg II führt aktuell die Entwicklung des DCC an – dank Investitionen der deutschen Regierung und beteiligter Unternehmen.

Ein weiteres Projekt, SmartCom, konzentrierte sich auf die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit und des Umgangs mit metrologischen Daten durch die Schaffung eines DCC mit festgelegten Standards.

Zusätzlich laufen weitere Projekte und Initiativen, um die Einführung des DCC voranzutreiben und die Rückverfolgbarkeit sowie den Umgang mit metrologischen Daten zu verbessern.

Solche Projekte umfassen beispielsweise: EMPIR 17IND02 SmartCom, EURAMET TC-IM 1448, und Digital NIST.

Gemeinsam bauen diese Initiativen einen DCC-Standard auf, der bereits in industriellen Anwendungen getestet wird.

Aufgrund ihrer zentralen Rolle in der metrologischen Infrastruktur werden die Nationalen Metrologieinstitute (NMIs) ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der breiten Einführung des DCC-Standards spielen.

 

Keep calm und nutzen Sie das DCC!

Das DCC hat das Potenzial, die Prozessindustrie grundlegend zu verändern. Anstatt auf fehleranfällige und arbeitsintensive papierbasierte Prozesse angewiesen zu sein, könnten digitale Kalibrierdaten einfach durchsucht, geteilt und analysiert werden. Das würde nicht nur Audits effizienter machen, sondern auch ermöglichen, Daten zur Erstellung digitaler Zwillinge von Prozessen zu nutzen, um Effizienz- und Sicherheitsverbesserungen zu finden.

Bei Beamex digitalisieren wir Kalibrierprozesse seit 50 Jahren und sehen das DCC als natürliche Weiterentwicklung dieser Bemühungen. Wir glauben, dass die Zusammenarbeit zwischen Normungsinstitutionen, Laboren, Anbietern und wichtigen Branchenakteuren entscheidend ist, um das DCC zu verwirklichen.

Deshalb ermutigen wir andere Branchenakteure, sich diesen Initiativen anzuschließen und die Implementierung des DCC in der gesamten Industrie zu unterstützen.

Bei Beamex haben wir mehrere erfolgreiche Proof-of-Concept-Projekte mit dem DCC durchgeführt und festgestellt, dass das DCC in der Praxis wirklich funktioniert.

Wenn Sie sich für Beamex entscheiden, entscheiden Sie sich für eine zukunftssichere Lösung, die bereit ist, Digitalisierungsinitiativen zu unterstützen und Prozesse sicher, effizient und zuverlässig zu gestalten. Unsere Produkte sind so konzipiert, dass sie mit jedem sich entwickelnden DCC-Standard kompatibel sind.

 

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Relevantes Material & Links

 

Dokumente, die das Grundkonzept und die Gesamtstruktur des DCC beschreiben:

  • S. Hackel, F. Härtig, J. Hornig, and T. Wiedenhöfer. The Digital Calibration Certificate. PTB-Mitteilungen, 127(4):75–81, 2017. DOI: 10.7795/310.20170403.
  • S. Hackel, F. Härtig, T. Schrader, A. Scheibner, J. Loewe, L. Doering, B. Gloger, J. Jagieniak, D. Hutzschenreuter, and G. Söylev-Öktem. The fundamental architecture of the DCC. Measurement: Sensors, 18:100354, December 2021. DOI: 10.1016/j.measen.2021.100354.


Zusätzliche Informationen zu den technischen Aspekten des DCC finden Sie auch im Digital Calibration Certificate Wiki der PTB:

Weiterführende Informationen über das Potenzial und die Vorteile des DCC in einem Kalibrier-Ecosystem:

  • J. Nummiluikki, T. Mustapää, K. Hietala, and R. Viitala. Benefits of network effects and interoperability for the digital calibration certificate management. 2021 IEEE International Workshop on Metrology for Industry 4.0 & IoT. DOI: 10.1109/MetroInd4.0IoT51437.2021.9488562.
  • J. Nummiluikki, S. Saxholm, A Kärkkäinen, S. Koskinen. Digital Calibration Certificate in an Industrial Application, Acta IMEKO Vol. 12, No. 1 (2023). DOI: 10.21014/actaimeko.v12i1.1402.

 

 

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