In diesem Post sprechen wir über Kalibrierungen, die außerhalb der Toleranz (engl. „OoT“) sind. Wenn Sie etwas kalibrieren und das Ergebnis „nicht bestanden“ ist, dann ist dieses eine „außerhalb der Toleranz“-Situation.
Beginnen wir mit der Erklärung von „außerhalb des Toleranzbereichs“. Kurz gefasst bedeutet es, dass im Zuge einer Kalibrierung einer oder mehrere der Kalibrierpunkte nicht das erforderliche Toleranzniveau erreicht hat/haben. Infolge ist das Kalibrierergebnis außerhalb des Toleranzbereichs oder wird oftmals auch als fehlgeschlagene Kalibrierung bezeichnet. Diese Definition klingt ziemlich einfach, wenn wir jedoch etwas tiefer in die Materie eindringen, verhält sich das schon anders. Lassen Sie uns einfach weitermachen...
Für jede Kalibrierung wird in der Regel ein spezifisches Toleranzniveau vorgegeben (höchstzulässige Abweichung), mit dem das jeweilige Prüfergebnis abgeglichen wird. Wenn wir sagen, dass ein Instrument das erforderliche Toleranzniveau nicht erreicht hat, befinden sich die Ergebnisse außerhalb des Toleranzbereichs und es müssen entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet werden.
Wenn das Toleranzniveau nicht erreicht wurde, drängt sich logischerweise die Frage auf „Welches Toleranzniveau wurde benutzt?“. Oder vielleicht sollte die Frage lauten „Welches Toleranzniveau sollte benutzt werden?“.
Für Prozessinstrumente werden üblicherweise die Herstellerangaben zur Genauigkeit des installierten Prozessinstruments als Toleranzniveau herangezogen (laut Herstellerangaben). Das heißt, wenn Sie 100 ähnliche Transmitter kaufen und an 100 verschiedenen Einbauorten in Ihrem Werk installieren, gilt für alle Einbauorte das selbe Toleranzniveau. Dennoch ist es meistens so, dass viele dieser Einbauorte eine unterschiedliche Kritikalität haben und demzufolge auch unterschiedliche Toleranzniveaus haben sollten. An kritischen Prozesspunkten muss das Toleranzniveau niedriger sein und oftmals werden diese Punkte auch häufiger kalibriert. In gleicher Weise wäre es an nicht-kritischen Prozesspunkten eine Ressourcen-, Zeit- und Geldverschwendung so häufig zu kalibrieren und das gleiche Toleranzniveau zu benutzen. Wenn Entscheidungen über die Toleranzniveaus für bestimmte Einbauorte anstehen, sollten jene Mitarbeiter miteinbezogen werden, die die tatsächlichen Anforderungen des jeweiligen Prozesses am besten kennen.
Wenn es sich um Ihren Kalibrator oder Ihr Bezugsnormal handeln sollte, ist es üblich die Herstellerangaben als Toleranzniveau zu benutzen (zumindest für den Anfang). Anhand des Vergleichs mit den Herstellerangaben bei der Neukalibrierung oder Zertifizierung lässt sich feststellen, wie zuverlässig das betreffende Gerät für Feldkalibrationen ist. Bei den Kalibratortoleranzen sollten auch die jeweiligen örtlichen Anforderungen berücksichtigt werden und mit der Zeit entsprechende Nachjustierungen vorgenommen werden.
Wenn Sie mehr zu dem Thema Kalibrierintervalle wissen möchten, schauen Sie sich unsere vorigen Blog Posts und den dazugehörenden Artikel „Wie oft müssen Instrumente kalibriert werden?“ an.
Angenommen, die Toleranzniveaus sind korrekt... wenn jemand sagt, dass ein Instrument bei der Kalibrierung das Toleranzniveau nicht erreicht hat, dann lautet unsere nächste logische Frage: „Sind Sie sicher?“ Und gleich nachgeschoben: „Wie sicher sind Sie sich?“
Das führt uns auch gleich zur nächsten Frage: Welcher Kalibrator wurde für die Kalibrierung benutzt und wie hoch ist die Gesamtunsicherheit der Kalibrierung? Wenn ein externes Kalibrierlabor mit der Kalibrierung beauftragt wurde, wie hoch sind die Kalibrierunsicherheiten dieses Labors?
Wenn Sie bereits unseren vorangegangenen Blog-Post und/oder das Infoblatt über „Kalibrierunsicherheit“ gelesen haben, können Sie vielleicht schon erahnen, worauf ich hinaus will... für jede Messung und Kalibrierung ist die Gesamtunsicherheit der Kalibrierung ausschlaggebend.
Wann auch immer Sie eine Konformitätsaussage treffen, sprich, dass ein Kalibrierergebnis „OK“ oder „nicht OK“ ist bzw. sich innerhalb oder außerhalb des Toleranzbereichs befindet, müssen Sie die Kalibrierunsicherheit berücksichtigen, um die richtige Entscheidung treffen zu können.
Das Thema Messunsicherheit werde ich in diesem Artikel nicht weiter behandeln. Wenn Sie hierzu ausführlichere Informationen suchen, lesen Sie bitte „Kalibrierunsicherheit für Nicht-Mathematiker„.
Was ist als Nächstes zu tun, wenn wir ein Instrument haben, das sich nicht mehr in der Toleranz befindet, unsere Toleranzniveaus korrekt sind und die Kalibrierung unter Berücksichtigung der entsprechenden Messunsicherheit durchgeführt wurde? Kurz und gut, wir müssen den Sachverhalt akzeptieren, dass sich die Werte außerhalb des Toleranzbereichs befinden und Handlungsbedarf besteht. Bevor wir jedoch den Alarmknopf drücken, ist es wichtig zunächst die Kritikalität des Falls zu beurteilen.
Bei Prozessinstrumenten ist man immer gut beraten, wenn man die Kalibriertoleranz etwas knapper als die tatsächlichen Prozessanforderungen wählt. Auf diese Weise werden die direkten Auswirkungen auf den Prozess weniger dramatisch sein, auch wenn das Instrument bei der Kalibrierung leicht aus der Toleranz war. Wenn die Ergebnisse nur leicht aus der Toleranz sind, hat dies im Allgemeinen keine kritischen Auswirkungen auf die Messungen, die mit dem Instrument durchgeführt worden sind. Um herauszufinden, ob eine Abweichung kritisch ist oder nicht, muss eine Analyse durchgeführt werden.
Bei einer Kritikalitätsanalyse muss analysiert werden, welche Auswirkungen die Tatsache hat, dass sich die Werte außerhalb des Toleranzbereichs befinden. Wenn es sich um ein Prozessinstrument handelt: Welche Auswirkungen hat diese konkrete Abweichung bei den Prozessmessungen auf den Prozess als solchen und auf die Prozessteuerung? Und: Welche Auswirkungen hat dies letztendlich auf das hergestellte Endprodukt?
Im Fall eines Kalibriernormals oder eines Kalibrators: Welche Auswirkungen hat die Abweichung im Kalibrator auf all die unterschiedlichen Messungen und Kalibrierungen, die mit diesem Kalibrator durchgeführt worden sind?
Bei hochkritischen Prozessen oder Sicherheitsmessungen wird eventuell mit Redundanz gearbeitet, anhand von zwei oder mehr installierten Instrumenten, die simultane Messungen durchführen. Wenn in einem solchen Fall eines der Instrumente versagt und keine richtigen Messergebnisse liefert, hat dies keine kritischen Auswirkungen.
Bei manchen Messungen kann das Prozessinstrument jedes Mal geprüft werden, bevor eine Messungen damit ausgeführt wird. Eine Waage kann beispielsweise vor jedem Wägevorgang oder regelmäßig jeden Tag mit Bezugsgewichten geprüft werden. Und auch Kalibratoren können mithilfe eines Bezugsinstruments mit jeweils ähnlichen Spezifikationen regelmäßig (zwischen den planmäßigen Rekalibrierungen) gegengeprüft werden. Außerdem können die Kalibrierintervalle je nach Kritikalität der Messungen, die mit einem bestimmten Instrument durchgeführt werden, entsprechend angepasst werden. Des Weiteren können sich auch je nach Anwendung die Kalibrierkosten für Instrumente, die aus der Toleranz sind, auf das Kalibrierintervall und die zugehörige Vorgehensweise auswirken.
Im nächsten Post werde ich die verbleibenden Themen, welche im White Paper aufgeführt werden, behandeln; das sind:
Originaler Blog Post: Calibration Out of Tolerance: What does it mean and what to do next? - Part 1 of 2
Veröffentlich: 16.12.2016
Verfasst durch Heikki Laurila.